Mittwoch, 2. März 2022

Die Schönheit der Vergänglichkeit

Die dem Verfall innewohnende Schönheit verlassender Gebäude und maroder Dinge fasziniert mich bereits seit meiner Kindheit.   

Ruinen, Weggeworfenes, Rost und abblätternde Farbschichten  haben mich einfach schon immer magisch  angezogen   -  ich finde alte und verbrauchte Gegenstände  größtenteils weitaus interessanter und dekorativer,  als wenn sie neu und ordentlich wären, selbst wenn sie inzwischen nur noch eine geringe Bedeutung oder Wert  haben. 
Sie berühren mich einfach,  reizen mich künstlerisch - optisch und haptisch -  und versetzen mich in eine andere Stimmung, in eine andere Zeit - und meistens  erzählen sie mir dabei auch eine Geschichte. 

Leider sind sie in  diesem Zustand  aber schon  allzu vergänglich, denn der Verfall schreitet ja ständig fort, weshalb ich sie gerne wenigstens noch im Bild festzuhalten versuche; ich finde vor allem die Details besonders spannend.

Als kleines Kind  hatte ich eine Dachkammer zum Spielen mit abblätternden Wänden, da konnte man fünferlei Walzmuster auf unterschiedlich farbigen Anstrichen freilegen -  ich habe es geliebt diese feinen  Schichten vorsichtig  abzuheben. Ich wünschte, ich hätte wenigstens noch ein Foto davon.

Es ist wie eine Sucht, ebenso eine Art Sehnsucht  - nach Beständigkeit.
Das Vergängliche  konservieren, um der Vergänglichkeit etwas entgegenzusetzen?

Auch im  Garten lassen sich lohnende Objekte  finden, drum nehm ich euch wieder zu einen Gartenspaziergang bei uns auf der Insel mit  -  heute zum rostigen alten Plunder (wie manche sagen würden) gucken ... 


Dinge die Geschichten erzählen und kunstvoll altern dürfen -
und auch wenn die Schönheit inzwischen bröckelt...
Wie trivial sieht doch  der gleiche Gegenstand im Vergleich dazu in Neu aus.


Wie eine Landkarte an einem vergessenen Platz: Nachbars malerisch verwittertes und  nur noch selten  genutztes Gartentor im Efeu eingewachsen.
Man kann noch erkennen, was früher einmal war: 
ablätternde Farben  offenbaren hier auf einmal verschiedenen Zeiten gleichzeitig, wie eine kleine Zeitreise.
Ja, ursprünglich war es auch mal grün -  dann grau, dann weiß gestrichen...
Und als ich vor über 30 Jahren  hierher kam, war es bereits lang weiß  lackiert und voller  Algen...Ich bin gespannt, ob es nochmal  hergerichtet wird  -  ist natürlich sinnvoll, aber der "Charme des Vergänglichen" ist dann  leider erst mal wieder dahin  -
irgendwie traurig,  doch er käme ja  später wieder.

Und  auf der anderen Seite des Nachbargartens steht bereits das neue Tor, in Grün und adrett
den Ordnungssinn zufriedenstellend - ich muss direkt mal nachforschen, welches sie  selber  dekorativer  finden.


Aber Schönheit liegt ja immer im Auge des Betrachters und bei aller Romantik, da mache ich mir  nichts vor - die Dinge müssen ja trotzdem irgendwie benutzbar bleiben. Ich wohne auch lieber  in einem intakten Haus  und  schaue auf eine Ruine, als umgekehrt. Gleichzeitig ist es aber immer so ein bißchen eine Gratwanderung und darum darf - wenigstens bei mir -  in Haus und Garten  so allerhand  in Würde vergehen...







Ein  einfaches Türl aus dem Sperrmüll,  das sich mal jemand aus Baustahl zusammengebastelt hat.



Auch Plastik verrottet, bei mir darf es das und wird nicht gleich schnell mal entsorgt, so lange es doch noch einigermaßen nützlich ist.
Das Klebeband muss erneuert werden;  die Gießkanne will jedoch einfach nicht aufgeben, sie bleibt hartnäckig seit Jahren in diesem Zustand.

Füll ich halt etwas weniger ein, ist eh besser für den Rücken. Ja ich weiß, andere werfen sowas rechtzeitig weg.  
Ich warte, bis sie ganz in Stücke fällt - für mich macht es so mehr Sinn.   Jeder wie er mag.

 

 
Altes Schmiedehandwerk: Zusammengerostete Balkonteile, die wurden  vor  ca. 25  Jahren  von den Nachbarn  weggeworfen, weil sie einen Holzbalkon bekamen -
das fand ich viel zu schade und hab sie im Garten verwendet, sie stützen eine Strauchrose und wurden zu einfachen Gartentürchen und grenzen jetzt den Sterngarten, ein kleines Gartenzimmer, ein.  Die Ornamente haben sich inzwischen kaum verändert, die halten wirklich was aus.


Eine alte Stammtischlampe mit Hopfendolden, aus dem Schrottcontainer -
wie kann man nur sowas wegwerfen?

Und ein dekoratives Gitter von lieben Freunden, die ihren Garten auflösen mussten, 
hat hier  zusammen mit vielen anderen Teilen von ihnen seine neue Heimat gefunden.








Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen